Umdenken auf Prozessseite - Neue Geschäftsmodelle erfordern Abwicklungsstrecken mit System

Verteilnetznetzbetreiber geraten zunehmend unter Druck: Obwohl sich die Abbildung der erforderlichen Marktprozesse im Zuge von „MaKo 2020“ künftig noch komplexer gestaltet, werden die Umsatzpotenziale durch die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenumschichtung auf Übertragungsnetz- und Messstellenbetreiber zusätzlich eingeschränkt. Gerade Stadtwerken und Querverbundsunternehmen, die verschiedene Marktrollen unter einem Dach vereinen, empfiehlt sich daher ein prüfender Blick auf die Prozesslandschaft. Es kann durchaus zielführend sein, über den Einsatz des bestehenden Marktkommunikations- und Abrechnungssystems für den Netzbetrieb hinaus neue Abwicklungsstrecken für zusätzliche Leistungen zu schaffen.

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Donnerstag, 11. April 2019

Quelle: pexels
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Mit der Umsetzung der „MaKo 2020“-Prozesse kommt auf Verteilnetzbetreiber 2019 eine Menge Arbeit zu. Aber allein mit der Abbildung der gesetzlichen Anforderungen im Rahmen der Marktkommunikation ist es nicht getan. Gleichzeitig gilt es, zusätzliche Geschäftsmodelle (weiter) zu entwickeln, die vor allem integrierte Versorgungsunternehmen in die Lage versetzen, die im Netzbereich durch Regulierung wegfallenden Aufgabenbereiche zu kompensieren und den Weg für neue Erlösmodelle zu ebnen. Denn MaKo 2020 bedeutet für die Rolle des Netzbetreibers letztendlich nur eines: Die Komplexität zur Bewältigung des Tagesgeschäfts nimmt zu, begleitet vom Wegbrechen bisheriger Möglichkeiten zur Kostenumlegung. Aufgaben, die im Zuge des Zielmodells auf Seiten der Netzbetreiber entfallen, sind beispielsweise die Bilanzierung – die im Zuge intelligenter Messsysteme im Zielmodell zum Aufgabenbereich des Übertragungsnetzbetreibers gehört – oder die Messwerterhebung, -aufbereitung und -verteilung, die künftig unabhängig von der Messtechnik vom Verteilnetzbetreiber auf den Messstellenbetreiber übergeht. Neben den bestehenbleibenden Aktivitäten im Umfeld der regulierten Marktkommunikation gibt es im Netzbetrieb jedoch auch Aufgaben, die seitens des Gesetzgebers prozessual nicht im Detail umrissen sind, wie beispielsweise die Abrechnung von Einspeisevergütungen. Diese rücken vor dem Hintergrund des zunehmenden Kostendrucks inzwischen immer stärker in den Fokus. Im Zuge der Wettbewerbsfähigkeit eines Stadtwerks macht es durchaus Sinn, solche Prozesse unabhängig von den Systemen und Verarbeitungsketten des klassischen Netzbetriebs aufzubauen – und zwar sowohl aus wirtschaftlichen wie auch fachlichen Gründen.

Schuster bleib bei deinen Leisten

Für die regulierten Prozesse auf Netzbetreiberseite existieren am Markt zahlreiche, spezifisch zugeschnittene Lösungsansätze – egal ob im Anwendungs- oder Dienstleistungsumfeld. Die jeweiligen Systeme oder Service-Partner können nicht zuletzt im Zuge der „MaKo 2020“-Umstellung gezielt ihre Prozessstärken im gesetzlich umrissenen Netzbetrieb ausspielen, wobei Anwender von Skaleneffekten profitieren. Schwierig gestaltet sich die Umsetzung der entsprechend gesetzlich erforderlichen Anpassungen jedoch genau dann, wenn zusätzliche Verarbeitungsschleifen zu berücksichtigen sind. Die dahinterliegenden Abläufe werden im Rahmen von Umstellungsprojekten zur Marktkommunikation meist ausgebremst. Gleiches gilt auch umgekehrt: Fallen künftig ergänzende Aufgaben in den Aufgabenbereich des Netzbetriebs, wie beispielsweise Teilprozesse zur Abrechnung von vertrieblichen oder spartenübergreifenden Leistungen, lassen sich diese nur unter viel Aufwand mit einem System in Einklang bringen, welches auf die traditionellen Netzbelange ausgelegt ist.

Abrechnung ist nicht gleich Abrechnung

Netzbetreiber als Teil eines integrierten Energieversorgungsunternehmens sollten sich daher gezielt mit den Potenzialen der jeweiligen Prozesse befassen. Während die Abrechnung der Netzkosten als obligatorische Aufgabe gilt, die hinsichtlich der Abläufe zudem exakt vorgegeben ist, birgt ein Prozess wie die Abrechnung von Einspeisevergütungen zusätzliche Chancen bei der Generierung von Mehrwertdiensten. Wenn ein Stadtwerk mittelfristig mit dynamischen und innovativen Konzepten trumpfen möchte, sollte es sich die Frage stellen, inwieweit sich diese mit bestehenden IT-Lösungen abbilden lassen. Systeme auf Netzbetreiberseite sind aus der Historie heraus so konzipiert, dass sich alles um Leitungen, Zählpunkte oder Anschlussstelle dreht. Die Betrachtung von Kundenbedürfnissen greift dabei in der Regel zu kurz. Insofern bietet die Überführung des wettbewerblichen Teils des Tagesgeschäfts auf Netzbetreiberseite in ein eigenes – und zugleich marktrollenübergreifendes – System eindeutige Vorteile. Ziel im integrierten Verbund muss es sein, die Daten jeder einzelnen Marktrolle für neue Geschäftsmodelle bestmöglich nutzbar zu machen. Da hierfür ein gezielter, auf die jeweiligen Rahmenanforderungen zugeschnittener Austausch erforderlich ist, kommt dem Thema Energielogistik eine entscheidende Rolle zu. Wer in dem Zusammenhang einen flexiblen und beliebig skalierbaren Ansatz verfolgt, wird auf lange Sicht die Nase vorn haben. Es geht vor allem um Abrechnungsprozesse, die nicht nur hohe Komplexität und Individualität in der Produktgestaltung tragen, sondern gleichzeitig wirtschaftlich sind. Der Berücksichtigung last- und zeitvariabler Tarife oder die Abrechnung von zusätzlichen Leistungen oder verschiedenen Produkten an einer Lieferstelle – vom Messstellenbetrieb über die Direktvermarktung bis hin zur Anlagenbetreuung – sind durch die Entkopplung von vordefinierten Prozessschemen der jeweiligen Marktrollen kaum Grenzen gesetzt.

Aus der Not eine Tugend machen

So bietet die Umsetzung des Zielmodells die einmalige Chance, „wettbewerbsentscheidende“ Prozesse im Sinne eines Querverbunds neu aufzugleisen und marktrollenübergreifend zu gestalten. Prädestiniert ist hierfür unter anderem das gesamte Thema Einspeisevergütung. Hinzu kommt die (Bündel-)Abrechnung von Kundenanlagen und spartenübergreifenden Produkten, wobei der Fokus nicht allein auf den „energiespezifischen“ Leistungen liegt. Mit einem flexiblen und vollintegrierten System wie AKTIF®dataService können beispielsweise auch Produkte rund um Wasser, Abwasser, Entsorgung, Nahverkehr oder Dienstleistungen wie Winterdienst einbezogen und somit zusätzlicher Service geschaffen werden. Die Lösung ist darüber hinaus jederzeit ohne viel Mühe um ein Portal erweiterbar, dass alle diese Daten in beliebiger Kombination und passgenau dem Kunden spiegelt – für zusätzlichen Mehrwert. Wer sich Flexibilität bei der Umsetzung neuer Abwicklungsstrecken sichern möchte, sollte seine Kraft also nicht darauf verwenden, bestehende Systeme umzuschustern, sondern nach passenden Lösungen suchen, die über den regulierten Netzbetrieb hinaus ein Fundament für künftiges Unternehmenswachstum liefern. Auf diese Weise steht selbst Angeboten in komplexen Themenfeldern wie Einspeisevergütung, Mieterstrom und Co., die auf Netzdienstleistungen basieren aber systemisch in bestehenden Anwendungen nur schwer umsetzbar sind, nichts mehr im Wege.

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Fachartikel: Kundenzentrierung vs. Netzfokus

Autor: Lars Ehrler, Leiter Produktentwicklung, AKTIF-Unternehmensgruppe;

Rebecca Hasert, Press'n'Relations GmbH

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