ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 67. jg. (2017) Heft 7 S. 36ff
Montag, 17. Juli 2017
Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind zunehmend bestrebt, auf neuen Märkten Fuß zu fassen und ihren Handlungshorizont zu erweitern. Die Immobilienwirtschaft bietet in diesem Zusammenhang eine breite Spielwiese. Für Vertriebe ergeben sich unterschiedliche Ansatzpunkte, das klassische Energiegeschäft aufzustocken und neue Zielgruppen anzusprechen: So bieten beispielsweise Wärme-Komplettpakete, Mieterstrom-Angebote oder auch die Übernahme der Nebenkostenabrechnung konkrete Chancen zum Ausbau des Kundenstamms und der Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen.
Vermieter – insbesondere große Immobiliengesellschaften – sind für Versorger gleich aus mehreren Gründen eine attraktive Kundengruppe. Denn nicht nur der Energieverbrauch auf den Gemeinschaftsflächen oder die Wärmeversorgung von Mehrfamilienhäusern bzw. komplexen Wohn- und Gewerbeobjekten schlagen zu Buche. Wer es als EVU geschickt anstellt und den Eigentümern spezifische Angebote schnürt, kann nicht selten auch bei einzelnen Mietparteien – und damit weiteren (potenziellen) Kunden – als Lieferant den Fuß in die Tür bekommen. Hierfür sind jedoch moderne Ansätze gefragt: Im Folgenden sollen drei denkbare Geschäftsmodelle exemplarisch vorgestellt und näher beleuchtet werden.
Mit Wärme dem Umsatz einheizen
Mit dem Angebot von Wärme-Komplettpaketen – das gegebenenfalls gemeinsam mit externen Partnern wie Anlagenbauern und Messdienstleistern realisiert wird – können EVU gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. So lassen sich die gesamte Planung, der Aufbau sowie Service und Wartung eines objekteigenen Blockheizkraftwerks (BHKW) als Dienstleistung anbieten und abrechnen. Dazu gehört die Ablesung ebenso wie das herausfordernde Thema der Umrechnung entsprechend des Verbrauchs der einzelnen Mietparteien. Der Anreiz gegenüber der Zielgruppe ist offensichtlich: Immobilienunternehmen müssen sich hierbei um nichts kümmern, profitieren aber gleichzeitig von kosteneffektiven Prozessen und steigen dank lokaler Wärmeversorgung und billigem, über Restwärme generierten „Zusatzstrom“ in der Attraktivität gegenüber den Mietern. Zudem ergeben sich für sie eventuell interessante Finanzierungsalternativen im Rahmen der Heizungsmodernisierung, da das EVU die Kosten in diesem Fall übernimmt und über die Wärmekostenabrechnung abschlägt. Der Lieferant zeichnet für alle mit der Wärmelieferung einhergehenden Abläufe (inkl. Kundenservice) sowie für die Abrechnung des zusätzlich erzeugten Stroms bzw. dessen Einspeisung und Direktvermarktung verantwortlich. Da die entsprechenden Prozesse zum Kerngeschäft des Energievertriebs gehören, sollte eine kosteneffektive Umsetzung mit den vorhanden Ressourcen ohne Mühe möglich sein. Zudem versteht es sich natürlich von selbst, dass der hinter einem BHKW stehende Gaseinkauf vollständig über das EVU abgedeckt wird, was dessen Marge zusätzlich steigert. Ein ähnlicher Ansatz ist auch über die Bereitstellung einer Wärmepumpe denkbar, wobei die Marge für EVU hier meist deutlich geringer ausfällt. Schließlich können über ein BHKW sowohl Wärme, Gas als auch Services verkauft werden. Der Betrieb einer Wärmepumpe mit Strom ist im Gegensatz dazu weniger lukrativ, da in solche Bündelangebote oftmals weniger „Eigenleistung“ einfließt.
Trendthema Mieterstrom
An das dargestellte Geschäftsmodell der Wärmelieferung schließt sich das Thema Mieterstrom unmittelbar an. Gerade dieser Bereich ist aktuell stark im Kommen – nicht zuletzt beflügelt durch den Ende April 2017 vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Mieterstromgesetz, der insbesondere den Ausbau von Solarenergie auf Wohnhäusern vor dem Hintergrund der Energiewende vorantreiben soll. Das Konzept der wohnortnahen Belieferung mit Energie – egal ob via KWK- oder EEG-Anlage – bietet für alle Beteiligten entscheidendes Potenzial. Durch den lokal produzierten Strom, der nicht durch öffentliche Netze geleitet werden muss, entfallen wichtige Kostenanteile (Netzentgelte, netzseitige Umlagen, Stromsteuer und Konzessionsabgabe). Im Zuge der künftig vorgesehenen Förderung wird der Strom nochmals günstiger und das entsprechende Vermietungsobjekt bietet zusätzliche Anreize gegenüber Mietern. Insofern zeigen Immobilienunternehmen klares Interesse an diesem Instrument der Mieterbindung und der Möglichkeit von Zusatzerlösen durch den Energieverkauf. Der Pferdefuß: Wer Mieterstrom anbietet, übernimmt automatisch die Rolle des Lieferanten nach EnWG § 3 (18) und muss alle daran geknüpften Prozesse und gesetzlichen Vorgaben erfüllen – ein komplexes Feld für einen „branchenfremden“ Akteur. Exakt an dieser Stelle kommen EVU ins Spiel, bei denen die entsprechenden Abläufe zum Tagesgeschäft gehören: von den Registrierungs- und Meldepflichten über die Einhaltung der regulatorisch vorgeschriebenen Prozesse (GPKE, MaBiS) bis hin zur vorgabenkonformen Rechnungslegung. Der Versorger kann als Partner die gesamte Abwicklung als Dienstleistung anbieten – und dabei gleichzeitig die Reststrombelieferung übernehmen und somit das Kerngeschäft treiben. Denn neben festen Abnehmern von Mieterstrom sind Mieter vor allem potenzielle Kunden für weitere, vom EVU vertriebene Stromprodukte. Wie bisherige Markterfahrungen zeigen, stößt ein solches Angebot auf eindeutig positives Echo seitens der Mieter, die darüber nicht nur ihren Beitrag zur Energiewende leisten, sondern vor allem von günstigen Energietarifen profitieren. Bei einem solchen Service-Konstrukt hat der Vermieter keinerlei Mühe, da alle einschlägigen Prozesse von einem Marktexperten gestemmt werden. So können EVU beispielsweise die im EEG gesetzlich festgelegte Verpflichtung zur Direktvermarktung übernehmen oder die Energie in ihren eigenen Bilanzkreis aufnehmen und ggfs. weiteren Gewinn erwirtschaften. Wichtig ist eine entsprechend zuverlässige Prognose. Der effektive Umgang mit den Kennzahlen der Erzeugung und Verbrauchswerten hat darüber hinaus aber auch Einfluss hinsichtlich eines weiteren wichtigen Aspekts: Denn Lieferanten, die die Nachfrage der Mieter nach passgenauer Verbrauchsvisualisierung – beispielsweise über ein Webportal – bedienen können, machen nicht selten weitere Pluspunkte gegenüber (potenziellen) Endkunden.
Logische Konsequenz: Unterstützung bei der Nebenkostenabrechnung
Wer sich als EVU die vorangegangenen Geschäftsfelder zunutze macht, ist nur einen kleinen Schritt von einer weiteren Portfolioerweiterung entfernt: der Nebenkostenabrechnung. Denn wenn Wärme- und Stromabrechnung bzw. ein entsprechendes Messkonzept (Submetering) bereits aus den eigenen Reihen kommen, ist der Löwenanteil der Nebenkostenabrechnung bereits abgearbeitet. Auch die weiteren in diesem Zusammenhang zu beachtenden Details wie die Sammlung und Abarbeitung von Eingangsrechnungen in Bezug auf Handwerkerleistungen oder sonstigen Services wie Reinigung oder Hausmeisterdienste, Abschreibungen, Rücklagen oder Versicherungen inklusive Rechnungsprüfungen lassen sich zügig in die Routinen eines EVU überführen. Die jeweiligen Leistungen können somit maßgeschneidert in einem Angebot gegenüber Eigentümern bzw. Eigentümergemeinschaften gebündelt werden. Das EVU agiert als kompetenter Ansprechpartner bei allen Fragen rund um Energie – auch gegenüber den Mietern – und festigt auf diese Weise nicht zuletzt die Kundenbindung in den Bereichen Strom und Gas. Als positiver Nebeneffekt kann im Zuge dessen auch die gesetzliche Verpflichtung zur Installation intelligenter Zähler kostengünstig realisiert werden.
Routine rechnet sich
Betrachtet man alle diese Geschäftsfelder hinsichtlich der zu erwartenden Gewinne, ist das Angebot von Wärme-Komplettpaketen sicher am einträglichsten – gefolgt von Mieterstrom. Der Service der Nebenkostenabrechnung zahlt sich dagegen meist nur aus, wenn die vorab genannten Themen bereits in der eigenen Hand liegen und sich darauf aufbauen lässt. Je routinierter alle damit zusammenhängenden Prozesse ablaufen, desto höher ist natürlich die Marge. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für EVU ist hierbei unter anderem die effektive Zusammenarbeit mit externen Partnern im Hinblick auf die Themen, die nicht im eigenen Haus abgewickelt werden können. Anlagenbauer (BHKW, Solar) oder Messdienstleister stehen entsprechenden Kooperationen erfahrungsgemäß jedoch durchaus aufgeschlossen gegenüber. Zudem gilt eine reibungslose Abwicklung der Kernprozesse für alle betroffenen Sparten.
IT zur integrierten Verarbeitung
Die informationstechnische Basis darf nicht vergessen werden. Schließlich steht und fällt die zu erwartende Marge bei solchen Angeboten mit der Fehleranfälligkeit und dem Automatisierungsgrad der dahinterstehenden IT-Abläufe. Der Idealfall ist eine leistungsstarke und durchgängige Softwarelösung, die alle anfallenden Verarbeitungsschritte reibungslos unterstützt: von der Kundengewinnung, über den Lieferantenwechsel, das Energiedatenmanagement und die Abrechnung bis hin zur Bereitstellung von Mess- und Abrechnungsdaten in einem Webportal (siehe Abb. 1). Ein integrierter Ansatz, bei dem Daten nur einmal zentral vorgehalten werden und für alle Prozesse zur Verfügung stehen, sichert hohe Datenqualität, performante Aufgabenabarbeitung und schnelle Arbeitsergebnisse. Er ermöglicht es, ohne Schnittstellen alle Prozesse in einem System zu bearbeiten. Mit einem solchen, auf höchstmögliche Automatisierung ausgerichteten Fundament können Energieversorgungsunternehmen gezielt neue Kundengruppen ansprechen, das klassische Geschäft nachhaltig ausbauen und sich darüber eine wichtige Stütze im zunehmenden Wettbewerb der Energiebranche sichern.
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