Power Purchase Agreements – Direktvermarktung für Fortgeschrittene

Power Purchase Agreements, kurz PPA, werden auf dem deutschen Strommarkt immer relevanter. Hinter dem simplen Begriff verbergen sich jedoch häufig komplexe Vertragskonstrukte.

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AKTIF Knowledge PPA Delivery Direct marketer & BTR

Freitag, 14. April 2023

Aktuell gibt es als Direktvermarkter viele Gründe, vom geförderten Marktprämienmodell auf Power Purchase Agreements (PPA) umzusteigen. Auf einem gebeutelten Energiemarkt ist die Nachfrage nach Produkten, die Preisschwankungsrisiken mindern, die Finanzierung von Erzeugungsanlagen sichern sowie Nachhaltigkeitsziele erfüllen, selbstverständlich groß. PPA versprechen genau dies – und das komplett eigenwirtschaftlich. International erfreuen sie sich deshalb schon seit etlichen Jahren größerer Beliebtheit. Bereits 2017 wurden weltweit gut 114 Terrawattstunden Strom im Rahmen von PPA erzeugt. Das Grundprinzip der Direktlieferverträge ist schnell erklärt: Zwei Parteien, in der Regel ein Stromproduzent und ein Abnehmer, schließen bilateral einen Vertrag über eine Belieferung für meist mehrere Jahre zu individuell ausgehandelten Konditionen. So lassen sich nicht nur stabile Preise, sondern auch langfristige Planungssicherheit garantieren.

Herausforderung: PPA ist nicht gleich PPA

Bei dieser Definition enden die Gemeinsamkeiten jedoch. Eine grundlegende Unterscheidung muss zwischen physischen und virtuellen PPA getroffen werden. Erstere lassen sich wiederum in „On-site“ und „Off-site“ unterteilen. Bei einem On-site-PPA findet eine Stromlieferung aus direkter Nähe ohne Netzdurchleitung statt, beispielsweise für die Eigenversorgung im Unternehmen. Lediglich benötigter Reststrom wird dann noch aus dem öffentlichen Netz geliefert. Für Off-site-PPA ist die Netzdurchleitung hingegen entscheidend, da Strom auch über große Entfernungen geliefert werden muss.

Werden Stromflüsse und finanzielle Gegenleistungen komplett entkoppelt, handelt es sich um virtuelle PPA. Vereinbart wird hier der Preis pro Kilowattstunde. Der produzierte Strom wird jedoch nicht direkt von der Erzeugungsanlage an den Abnehmer geliefert, sondern in einen Bilanzkreis aufgenommen und weitergehandelt. Die Verbrauchsseite erhält vom Lieferanten wiederum exakt das gelieferte Einspeiseprofil, etwa auch durch einen Einkauf an der Spot-Börse. Um eventuelle Preisdifferenzen auszubalancieren, braucht es zudem einen sogenannten „Contract for Difference“. Mit diesem werden die Schwankungen zwischen den Spot-Preisen und dem im Vertrag festgeschriebenen Preis ausgeglichen.

 

In den vielen potenziellen Abweichungen liegt eine der größten Herausforderungen von PPA. Da es sich um kaum standardisierte Verträge handelt, müssen die Bedingungen akribisch definiert und ausformuliert werden. Zusätzliche Komplexität entsteht zudem, wenn mehr als zwei Vertragspartner beteiligt sind, hier kann sich die Einigung als schwierig und langwierig erweisen. Doch auch nach dem Zustandekommen besteht weiterhin ein hoher administrativer Aufwand. Aufgrund langfristiger Liefer- und Abnahmeverpflichtungen stellen etwa wetterbedingte Prognose-Unsicherheiten ein größeres Problem dar als bei anderen Formen der Direktvermarktung. Auch die langen Laufzeiten bergen finanzielle Risiken. Entwickeln sich beispielsweise die Marktpreise für Strom ungünstig für einen der Vertragspartner, bedeutet dies entsprechende Nachteile.

Umsetzung: Die Gestaltung von PPA

Wie sieht ein Power Purchase Agreement nun idealerweise aus und welche Rolle spielt dabei der Direktvermarkter? Für On-site-PPA ist eine gängige Variante, dass der Betreiber einer Photovoltaik-Anlage diese auf einem Unternehmensgrundstück errichtet. Auf diese Weise lagert der Betrieb Investitions- und Betriebsrisiken aus. Über ein PPA wird nun geregelt, zu welchen Konditionen das Unternehmen den Strom bezieht. Dem Direktvermarktungslieferanten des Abnehmers kommen in dieser Konstellation dennoch diverse Aufgaben zu. Er muss eventuell benötigte Restmengen bereitstellen und abrechnen sowie Überschussmengen aus der PV-Erzeugung vermarkten und an den Betreiber der Anlage vergüten. Zudem kann er PPA-Lieferungen im Namen des Erzeugers abrechnen, dessen Prozesse in der BTR-Marktrolle (Betreiber einer technischen Ressource) übernehmen und mehr.

Off-site-PPA sind flexibler einsetzbar und lassen sich nicht so einfach festlegen. Ein Beispiel wäre: Ein Windparkbetreiber in Norddeutschland schließt ein PPA mit einem Industriebetrieb aus Süddeutschland ab, das auf eine Laufzeit von zehn Jahren angelegt ist. Für den Windparkbetreiber steht hier vor allem die langfristige Finanzierung seiner Anlage im Fokus. Das Unternehmen möchte wiederum seinen hohen Energiebedarf auf absehbare Zeit zu stabilen Preisen decken und die eigene CO2-Bilanz verbessern. Da der Strom hier im Gegensatz zum On-site-PPA durch das öffentliche Netz fließt, übernimmt der Direktvermarkter weitere Aufgaben. Zentral ist die Abrechnung der PPA-Lieferungen inklusive Netznutzungsgebühren, anfallende Steuern sowie Abgaben an das jeweilige Unternehmen. Ebenso entscheidend ist die bilanzielle Sicherstellung der vereinbarten Liefermengen.

Unternehmen, die mit PPA arbeiten möchten, sollten sich von Anfang an über diese Herausforderungen im Klaren sein. Von der Abstimmung unter den einzelnen Vertragspartnern und der konkreten Vertragsgestaltung bis zum Controlling und Monitoring sowie der korrekten Abrechnung im Tagesgeschäft ist umfassendes Know-how aller Beteiligten gefragt. Hinzu kommen sich kurzfristig ändernde gesetzliche Anforderungen, was in den vergangenen Monaten vielen Akteuren auf dem Energiemarkt mehr denn je bewusst wurde.

Unterstützung: Die passende Abrechnungs- und Service-Landschaft

Um als Direktvermarkter erfolgreich mit PPA zu arbeiten, ist eine passende Abrechnungs- und Service-Landschaft somit ein Muss. Als Basis hierfür dient eine optimierte IT-Umgebung. Sie sollte prozessorientiert, automatisiert, durchgängig controllingfähig und sicher sein. Gleichzeitig ist eine möglichst geringe technische Komplexität essenziell. Selbst erfahrene Direktvermarkter profitieren deshalb von flexiblen und fachlich zielführend ausgerichteten Software-Lösungen, mit denen sich sämtliche Marktprozesse unkompliziert abwickeln lassen. Wird eine solche zusätzlich von einem breiten Dienstleistungsportfolio ergänzt, über das sich prozessuale Verantwortung auslagern lässt – wie dies bei AKTIF der Fall ist – steht dem Erfolg der Direktvermarktung per PPA nichts im Weg.

Der gesamte Artikel von Mario Weber, Leiter Vertrieb, aus der Ausgabe 4/2023 der Fachzeitschrift et - Energiewirtschaftliche Tagesfragen: